New Orleans

In USA ist die Streetfotografie im öffentlichen Raum trotz der „reasonable expectation of privacy“ oder „begründeten Erwartung von Privatsphäre“ einfacher möglich als in Deutschland. Dennoch sollte man als Fotograf mit den Motiven rücksichtsvoll umgehen – wer zackig jedem ins Gesicht wie Bruce Gilden blitzt, muss auch mal mit einem blauen Auge rechnen, vermutlich aber ohne umfassend juristisch belangt zu werden. Ein-Blick auf New Orleans.

Armut und Vergnügen

Ich war im French Quarter von New Orleans unterwegs. Schon einige Male war ich hier zu Besuch (zuletzt vor dem Hurrikan Katrina), und ich wollte schauen, ob die Stadt nach den verheerenden Wirbelstürmen wieder aufgebaut wurde. Laut dem Taxifahrer hat sich die letzten zwei bis drei Jahre viel getan, es wird spürbar mehr investiert, es geht voran. Seit dem Höhepunkt der 60er Jahre hat die Stadt immer mehr an Einwohner verloren. Die Wetterkatastrophen haben diesen Umstand scheinbar noch beschleunigt, bis zu einem historischen Tiefstand im Jahre 2006. Seitdem nimmt die Einwohnerzahl wieder rapide zu (Quelle: Wikipedia).

Das Wetter im Mai ist feucht-heiß, ein unangenehmer Gegensatz zu den klimatisierten Hotels und Läden. Kurze Hosen und T-Shirt sind angebracht. Auf den ersten Blick war alles aufgeräumt und instand gesetzt, zumindest Downtown waren keine Spuren mehr von den Naturkatastrophen zu sehen. Mir fiel jedoch auf, dass der Anteil an herumlungernden Gestalten stark zugenommen hatte. Ob deshalb die Polizeipräsenz ungewohnt hoch ist?

Als ich von der Canal-Street in die berühmte Bourbon-Street bog, stellte ich fest, dass Fotos ohne Personen in unwürdigen Situationen fast gar nicht möglich waren. Überall waren Obdachlose und Bettler, die sich mit oder ohne Tätigkeit den einen oder anderen Dollar zusammenschnorrten. Sehr kontrastreich zu den gut gelaunten Touristen, die massenhaft die Straße entlang strömten.

Anders als noch eine Dekade früher war die Bourbon-Street zur Mischung aus Reeperbahn, Herbertstraße, Bar, Voodoo-, Mardi Gras- und Zigarren-Shop mutiert. Die Hilfsbedürftigen teilten sich die autofreie Zone mit den Schaaren von Touristen, die sich einfach nur Vergnügen wollten. Der Gegensatz zwischen Armut und Vergnügen konnte nicht größer sein.
Schon eine Straße weiter, in der Royal-Street, spürte ich den ursprünglichen Charme von New Orleans: Aus verschiedenen Restaurants duftete herrliche Seafood-Küche, meist gab es Live Musik, Blues oder Jazz. Nebenan gab es keine Voodoo-Shops, sondern diverse Kunstgallerien. Schön.

Das French Quarter ist verhältnismäßig dreckig. Klar hier wird gefeiert, das ist wie im Kiez in St.Pauli, nachts ist was los, und am nächsten morgen wird wieder aufgeräumt. Ein paar Straßen weiter gab es dann eine Shopping-Mall, mit Marmorfußboden, der war so geleckt, da hätte man von essen können. Auch hier könnten die Kontraste nich größer sein.

Welcher Eindruck bleibt? Genauso wie Las Vegas ist New Orleans nur ein Teil von USA, und damit überhaupt nicht repräsentativ. Der Gegensatz zwischen sich vergnügenden Touristen und herumlungernden Gestalten ist ernorm. Aber was soll ich sagen? Ich war gestern auf dem Hamburger Kiez St.Pauli, da ist es auch nicht anders. Da sind auch eine Menge Leute, die sich vergnügen und andere, die schon recht „verbraucht“ aussehen …

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