Shanghai ist die letzten 40 Jahre wie kaum eine andere Stadt rasant gewachsen, und zählt mit über 20 Millionen Einwohnern zu den Megacitys der Welt. 48 Stunden sind wie immer wenig Zeit. Einige Sehenswürdigkeiten können am ersten Tag gut zu Fuß erkundet werden. Am zweiten Tag lohnt es sich, die Metro für punktuelle Besuche zu nutzen. Bei fröstelnden -5°C machte ich mich auf Entdeckungstour.
Vom internationalen Flughafen Pudong hat es sich angeboten, eine Probefahrt mit der Maglev zu machen – so wie der Transrapid hier genannt wird. Ja, das Stück deutsche Verkehrsgeschichte, die es in Deutschland nicht geschafft hat. In China sind inzwischen auch alle Träume von einem großen Transrapidverkehrsnetz geplatzt, die türkisen Schonbezüge und die karge Inneneinrichtung passen bei diesem Hintergedanken zu dem traurigen Bild. Je nach Tageszeit rauschen zwei Züge mit 300km/h oder 430km/h zwischen dem Flughafen und der Innenstadt hin und her, bei einer Auslastung von etwa 10-20%. Selbst diese Transrapidstrecke lässt sich nicht wirtschaftlich betreiben, von den initialen Baukosten ganz zu schweigen. Da die U-Bahn Linie 2 inzwischen den Flughafen und die Innenstadt verbindet, ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die Magnetschwebebahn eingestellt wird.
Die Maglev endet in Longyang, die Metro Linie 2 nimmt einen dann in das Zentrum mit.
The Bund & Waibadu Brücke
Es lohnt sich, eine Unterkunft in der Nähe von The Bund zu buchen. Von hier aus lassen sich viele Touren innerhalb von Shanghai zu Fuß unternehmen. Auch sind mehrere Metrostationen in der Nähe, und es gibt einen (kostenpflichtigen) Tunnel auf die andere Seite.
The Bund ist eine recht breit angelegte Uferpromenade mit Blick auf das Finanzzentrum und den Pearl Tower von Shanghai. Im Morgenlicht lassen sich ein paar schöne Gegenlichtaufnahmen von der Skyline machen, abends zieht der Ort mit der Skyline-Beleuchtung weitere Fotografen an. Ständige Polizeipräsenz sorgt für ein gewisses Sicherheitsgefühl.
Weiter nördlich befindet sich nur einen Katzensprung entfernt die Waibadu Brücke – da diese nachts besonders toll angestrahlt wird, lohnt ein Besuch eigentlich nur zu dieser Zeit. Nicht weit entfernt befindet sich das Rockbund Art Museum. Ein wenig Kunst und Kultur kann ja nie schaden.
Weitere südlich von West nach Ost verlaufend, befindet sich die Shopping-Meile von Shanghai, die Nanjing Road. Konsumwütige können hier den ganzen Tag verbringen und all ihr Geld ausgeben. Schön die Fußgängerzone besonders morgens, da sie dann noch nicht total überlaufen ist.
Ich bin kein Freund des unbändigen Konsums. Auch mag ich nicht diese Menschenmassen.
YuYuan Garten & Markt
Südlich von der Nanjing Road befindet sich der YuYuan Garten. Diese Anlage wurde 1559 in Zeiten der Ming Dynastie angelegt und bietet ein Teehaus, mehrere weitere Pavillons mit antiken Einrichtungen, einen See und Koi-Karpfen. Der Garten steht auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China. Dabei handelt es sich nicht um eine großzügig angelegte Parkanlage, sondern Häuser und Wege sind eher verwinkelt und verschachtelt. Wer ein wenig Ruhe vor dem Trubel sucht, wird hier eventuell fündig.
Außerhalb des Gartens befindet sich der YuYuan Tourist Market. Die Menschendichte ist unangenehm hoch, und durch die engen Passagen fühle ich mich wie ein Luftmolekül in einem Venturi-Rohr. Die einzelnen kleinen Läden laden zum Entdecken ein, Dinge zu kaufen, die man braucht oder eben vornehmlich nicht braucht. Für das leibliche Wohl ist überall gesorgt. Nahe befindet sich auch der Stadttempel (City God Tempel) von Shanghai, der sich allerdings nicht klar von den übrigen Gebäuden abtrennt.
YuYuan Garten und Tourist Markt gehören zu den Sehenswürdigkeiten, die in jedem Shanghai Reiseführer genannt werden. Ich glaube bei nur einem Zehntel der Besucher wäre eine Besichtigung wirklich nett. So aber wechselt sich der Aufenthalt zwischen Gucken, Schubsen, Weitergehen, Anrempeln und Anstehen ab. Ich mag das nicht, aber damit muss man an solchen Orten wohl leben.
Xintiandi
Mit der Metro geht es in den Lifestyle Bezirk Xintiandi. Morgens ist hier noch wenig los, da die Geschäfte noch nicht geöffnet haben. In diesem autofreien Areal handelt es sich um rekonstruierte Gebäude aus Stein aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, in denen heute Edelboutiquen, Restaurants und weitere teure Geschäfte die High-Society von Shanghai anlocken. Die Gebäude sind tatsächlich pittoresk, und die Preise für saftige Steaks teuer, aber im Vergleich zum westlichen Niveau noch nicht übertrieben. Gegen Mittagszeit strömen immer mehr Menschen in das Areal. Für mich ist es Zeit, weiterzugehen.
Nebenan, für mich viel interessanter, befinden sich einige historische Modellwohnhäuser (z.B. Paris Appartments von 1936), die zwischenzeitlich saniert und heute wieder bewohnt werden. Die Areale haben alle einen verwinkelten Innenhof, auf dem sich das Leben abspielt. Hier wird Wäsche an der Leine aufgehangen, dort wird Geschirr im Betonaußenwaschbecken geputzt, alles macht auch gerade am Sonntag einen friedlichen Eindruck. Ein paar alte Lebensmittelläden mit Hühnern, Enten, weiterem Fleisch und Fisch trotzen ein wenig der Neuzeit. Ich finde es ganz angenehm hier lang zu schlendern, weit ab von den Menschenmassen.
Auffällig ist im übrigen, dass Shanghai auf Elektromobilität bei Rollern und Motorrädern setzt, um der Luftverschmutzung Herr zu werden. Die Roller sind angenehm leise und senken damit den allgemeinen Verkehrslärm in der Großstadt. Elektrozweiräder werden vom Staat subventioniert und sind sehr günstig zu erwerben. Zudem stehen Leihfahrräder an jeder Ecke für eine geringe Ausleihgebühr. Scheinbar sind 98% der Roller und Motorräder auf Elektro umgestellt. Irre. Tatsächlich ist China bei dieser Thematik Deutschland weit voraus.
China Art Museum
Das China Art Museum ist der ehemalige China Pavillon der Expo 2010. Das Areal liegt ein wenig außerhalb vom Zentrum und ist gut mit der Metro zu erreichen.
Das China Art Museum ist von der Größe her einfach gigantisch. China hatte damals auf der Expo den größten, höchsten und teuersten Pavillon und möchte damit sagen: schaut her, wir können größer. Das heutige Museum beinhaltet überwiegend Contemporary Art. Fast 30 verschiedene Galerien sind zu bewundern. Tatsächlich fand ich viele Exponate interessant. Nach 3 Stunden hatte ich genug und brauchte erstmal eine Pause. Anders als in den meisten Museen der Welt, fristet das Museumscafé ein eher beschauliches Dasein. Es wird scheinbar privat betrieben und das angebotene Essen ist nicht vergleichbar mit den üblichen kulinarischen Genüssen von Shanghai.
Gut gefallen hat mir auch eine Ausstellung, die sich mit künstlerischen Nachwuchs beschäftigt. Die gezeigten Exponate von 9- bis 12-jährigen Kindern ließen mich in Erstaunen versetzen.
Nahe dem China Art Museum befindet sich die River Mall, die wohl eine bessere Anlaufstelle für einen Mittagssnack gewesen wäre. Übrigens wie auch im Museum, dem Flughafen, dem Hotel, Krankenhäusern als auch in der Shopping Mall ist der immense Bedarf an Marmor auffällig. Dieses Material wirkt edel, aber auch kalt. Und so zieht es überall in der kalten Jahreszeit – ob man nun drinnen oder draußen ist.
Zurück zu „The Bund“ bin ich durch den „The Bund Tunnel“ auf die andere Uferseite gelangt. Eigentlich hatte ich einen Fußgängertunnel wie den Elbtunnel erwartet. Tatsächlich fahren Fahrkabinen auf die andere Seite. Als Unterhaltung gibt es wilde Lichtinstallationen, die Kindern bestimmt ganz gut gefallen und einen Vorgeschmack auf das nahe liegende Submarine Adventure geben.
Oriental Pearl Tower & World Financial Center
Die 24 Stunden waren fast um, der Abend brach herein, und ich wollte die letzten Stunden im Stadtteil Pudong mir den Oriental Pearl Tower und das Finanzzentrum aus der Nähe ansehen. Für eine Fahrt auf den Oriental Pearl Tower war das Wetter nicht klar genug, also nahm ich diesmal von einer Rundumsicht Abstand.
Dennoch ist es beeindruckend vor dem Fernsehturm zu stehen, wenn dieser abends in den verschiedensten Farben angeleuchtet wird. Neben dem Oriental Pearl Tower ist eine der Hauptattraktionen das Shanghai Ocean Aquarium. Leider hatte ich nicht mehr genug Zeit für einen Besuch. Um den Mingzu Roundabout gibt es eine komplette runde Überführung, die wiederum in zwei riesige Shopping Malls führt. In beiden Malls gibt es die gute und empfehlenswerte Restaurantkette Din Tai Fung – also aufgepasst, wer sich dort wie ich verabredet hat, nicht aus Versehen in der falschen Mall wartet.
Die Chinesen werden uns überhohlen. In allem. Und warum? Weil sie fleißig sind. Weil sie an 7 Tagen die Woche shoppen, handeln, verkaufen, kaufen. Und das machen sie, auch wenn es nur die kleinsten Sachen sind. Da fehlen uns ein bis zwei Tage Geschäftstätigkeit die Woche. Arbeitslosigkeit scheint es nicht zu geben. Und wenn es nur Aufpasser oder Winker an Einfahrten sind. Alle sind beschäftigt, egal welchen Alters. Und deswegen werden uns die Chinesen abhängen.
Fazit 48 Stunden Shanghai
Shanghai hat mir gefallen. Die abwechslungsreiche Architektur, das Essen, es ist aufgeräumt, nicht dreckig, und es gibt auch ein paar ruhige Ecken. In den letzten Aspekten unterscheidet es sich erheblich zu Hongkong. Der Service ist sehr gut, sei es im Hotel, in der Mall oder sonstwo. Nicht umsonst bezeichnet China Shanghai als Tier 1 Stadt, eine weltoffene Stadt mit modebewussten Lifestyle und hohem Tempo.
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